Re: Neues von Klett-Cotta


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Abgeschickt von Heike am 02 September, 2006 um 01:11:48:

Antwort auf: Re: Neues von Klett-Cotta von Martine am 01 September, 2006 um 13:08:15:

Hallo zusammen

Martine schrieb:
: ich werde mal kurz Edith beispringen und einen kleinen Irtum aufklären.

: Daß bei rororo die Reihe eingestellt wurde, lag übrigens NICHT an den Verkaufszahlen. Die waren sogar sehr gut. Nein, es lag daran, daß der zuständige Lektor bei rororo gegangen ist, und danach die Reihe nicht von einem anderen Lektor übernommen (betreut) wurde, weil *Historischer Roman* nicht zum *Kerngeschäft* gehörte und man das Angebot *verschlanken* wollte. Wahrscheinlich hatte rororo gerade wieder mal *Roland Berger* oder verwandte Sekten mit einer großen Geldspende unterstützt und dafür fachlcihen Rat aus der Ecke *ich weiß nix, hab auch keine Ahnung, aber sag trotzdem was dazu* bekommen.


Ich glaube gern, dass Dir das so gesagt wurde, Martine. Dennoch habe ich ernste Zweifel an dieser Version. Sie wäre glaubhafter, wenn Rowohlt generell aufgehört hätte, historische Romane oder alles, was halbwegs in die Richtung geht, zu publizieren. Haben sie aber nicht.

Ausserdem wird kein Verlag freiwillig aufhören, eine Serie aufzulegen, die gutes Geld einbringt. So dicke hatte es Rowohlt auch nicht, dass sie auf Einnahmen aus einem erfolgreichen Projekt hätten verzichten können. Das wäre dann im Zweifelsfall eher noch einem anderen Lektor zusätzlich aufgebrummt worden.

Daher schliesse ich, dass die Verkaufszahlen doch nicht so doll waren. Was auch dadurch bestätigt wird, dass Dunnetts Bücher anschliessend mehr oder minder massenweise in den Buchhandlungen auf den Wühltischen mit den Remittenden gefunden werden konnten.

Für mich sieht es so aus, als ob Rowohlt die Reissleine gezogen hat, weil entweder a) die Verkaufszahlen von Anfang an nicht gut waren oder b) von Band zu Band stetig sanken, so dass finanzielle Verluste abzusehen waren. Dass sie das nach aussen hin nicht zugeben, ist eigentlich normales Geschäftsgebaren. Ich wette mit Dir, dass wir auch von Klett-Cotta keine Verkaufszahlen bekommen werden - die würden nämlich deren Konkurrenz auch heftig interessieren.


Es ist normal, dass bei einer mehrbändigen Serie die Verkaufszahlen von Band zu Band abnehmen. Gerade deshalb ist es wichtig, dass sich 'Niccolos Aufstieg' jetzt gut verkauft. Mit Band 7 holen wir keinen Leser mehr an Bord; der bekommt einen Herzinfarkt, wenn er hört, dass er erst sechs andere dicke Bücher lesen muss. Wenn die neuen Verkaufszahlen aber auch nicht den Erwartungen des Verlags entsprechen, wird irgendein Controller bei Klett-Cotta, analog zu Rowohlt, mitten in der Serie das Stop-Schild heben.


Martine:
: Ich sehe die Marketingstrategie ähnlich wie Edith. Wenn KC nur in intellektuellen Kreisen vermarkten würde, dann wäre das ein Projekt für die Caritas und nicht für einen Verlag.


Die Rede ist nicht von 'nur in intellektuellen Kreisen' sondern 'AUCH in intellektuellen Kreisen'. Wobei ich SZ, Spiegel oder Zeit jetzt nicht unbedingt als Intellektuellenblätter sehe. Aber selbst Karasek im Spiegel hat sich seinerzeit eine Rezension von 'Der Name der Rose' abgerungen. Und diese Rezensionen und Bestsellerlisten sind in einem gewissen Sinn Selbstläufer. Viele, die was zum Lesen oder auch nur zum Verschenken suchen, werfen z.B. einen Blick in die Bestsellerlisten der grossen Zeitschriften und orientieren sich beim Kauf daran. Was diese Bücher natürlich wiederum in den Bestsellerlisten hält. Was dann auch weitere Rezensionen nach sich zieht. Warum kaufen die Leute denn Kehlmanns 'Vermessung'? Nenn' mich einen Snob, aber der Durchschnittsdeutsche hat wohl eher keine Ahnung, wer Gauss war - aber er erkennt den Buchtitel aufgrund der permanenten Präsenz in diversen Medien wieder.


Martine:
: Vielleicht mag ja jemand vom Verlag ein zwei Worte dazu sagen?

Ja, das würde mich auch interessieren.


Martine:
: Daß auf dem Etikett u.a. auch Liebesroman steht, halte ich auch nicht unbedingt für eine gute Idee, aber auch nicht für ein komplettes Drama. Ich würde hier eher noch mal versuchen, beim Marketing nachzuforschen, warum sie das für verkaufsträchtiger halten.


Jeder BWL-Student im ersten Semester hätte sehen können, dass der Schuss nach hinten losgeht. Der beste Beweis sind die Reaktionen auf Deine Frage im Romantischen Bücherforum (wie würden die Leserinnen reagieren, wenn Ihnen etwas als Liebesroman verkauft wird, wo kein Liebesroman drin ist?): wenn ich mich recht erinnere, reichten die Kommentare der Forumsmitglieder sinngemäss von 'ich käme mir verar**** vor' bis zu 'Betrug'. Starker Tobak, aber m.E. berechtigt.

Es ist absolut o.k., den Unterhaltungs- und Abenteuer-Aspekt der Niccolo-Bücher herauszustellen. Es ist aber -siehe oben - kontraproduktiv, sie als etwas anzupreisen, was sie nicht sind.


Martine:
: Ich habe bei Amazon, wo sich viele Leser auch informieren, eine Rezi dazu geschrieben, in der Hoffnung, daß es das klarstellt. Vielleicht machen das ja noch weitere Leser(innen). Es ist zumindest einen Versuch wert.


Browst Du öfter auf Verdacht bei Amazon herum? Oder holst Du Dir nicht vielmehr dort Infos über Bücher und Autoren, über die Du anderswo etwas gehört hast? Das ist nämlich das Problem: von selbst stösst so gut wie niemand drauf. Erst wenn die Leute irgendwo in der Presse eine Rezension gelesen
oder das Buch in der Buchhandlung liegen gesehen haben, gucken sie bei Amazon nach eventuellen Lesermeinungen, um zu sehen, ob sich die Ausgabe der 21,50 EUR auch lohnt.

Eine ordentliche Pressearbeit und eine gezielte Werbekampagne bei den massgeblichen Buchhandlungen (nämlich den Grossen, die entsprechend Publikum ziehen) ist immer noch das A und O, wenn man im Buchhandel anständiges Marketing betreiben will.

Viele Grüsse

Heike



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