Re: Rebecca Gablé: Grisel, au secours!


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Abgeschickt von Grisel am 29 Dezember, 2000 um 11:54:32:

Antwort auf: Rebecca Gablé: Grisel, au secours! von Martine am 28 Dezember, 2000 um 19:56:40:

Liebe Martine!

Ich gebe zu, ich bin ein wenig entsetzt, ich liebe dieses Buch und mag es gar nicht, wenn meine Lieblinge dermaßen brutal kritisiert werden.
Gut, das ist mein Problem.

: Das wird jetzt wider ein ungerechtes Gehader über das Schreiben historischer Romane: Nimm es bitte nicht zu ernst.

Selbstverständlich nicht. Bücher sind Geschmackssache. Das einzige, was ich nicht mag, ist wenn ein Kritiker mir den Eindruck
verschafft, nur Idioten könnten ein gewisses Buch mögen. Aber das hast Du nicht getan.

: Ich hab Gablé fast durch, und ich muß sagen, ich weiß jetzt was den Unterschied macht.

Und ich beginne langsam zu begreifen, worauf es Dir bei einem Buch ankommt.

: Also, es war nicht so schlecht wie ich befürchtete...

Tja. Was soll man dazu sagen?

: Warum weiß sie nicht so ganz einfache Sachen, wie daß es eine in GANZ Europa verbreitete Gebärdensprache gab, die übrigens zum Lehrinhalt der Rhetorik gehörte und die Robin, wenn er im Kloster war, hätte auch kennen müssen? Und damit hätte sich Leofric wohl auch besser verständigen können.

Es fällt mir schwer, Komentare zu Deiner Kritik abzugeben. Ich kenne mich in der Zeit wenig aus und über Gebärdensprache weiß ich schon gar nicht Bescheid. War es üblich, das in Klöstern als Standard zu unterrichten?
Es macht auch wenig Sinn, Gablé zu verteidigen. Du magst sie nicht, und damit hat sich die Sache wohl.
Trotzdem. Ich erinnere mich noch an die schöne Unterhaltung, die ich mit Chris über die vermeintliche templerische Entdeckung Amerikas hatte ...

: Dann die Geschichte mit den Pferden.... ich bin mir nicht sicher, ab wann arabische Pferde eingekreuzt wurden, aber ich erinnere mich, daß das erste reinrassige arabische Zuchtpferd erst im 18. Jh. nach England kam. Und dort wurde es auch lange Zeit als Mißgeburt angesehen, da es so einen zierlichen Körperbau hatte. Gibt’s nicht einen Roman über die Geschichte? (König des Windes oder so? Weiß nicht mehr so genau.)
: Turnierpferde waren die sogenannten Kaltblüter, die ganz und gar nicht phlegmatisch sind. Es sind robuste Temperamentbündel, die sehr wohl das Gewicht einer Rüstung tragen können, ohne daß ihnen nach drei Schritten das Kreuz durchkracht, und die auch die schweren Zusammenstöße während der Turniere überleben konnten. Feingliedrigere Pferde hätten sich alle Knochen gebrochen.

Auch über Pferde weiß ich nicht Bescheid. Aber zumindest während der Kreuzzüge müssen die Europäer doch die Bekanntschaft arabischer Pferde gemacht haben. Und warum sollten so nicht ein paar nach Europa gekommen sein?
Es überrascht mich, daß Dich die "Pferdeflüsterer-Anklänge" nicht gestört haben. Auf die hätte ich verzichten können.

: Dann stieß mir die Sprache immer wieder auf. Beim besten Willen und nach einigen Nachforschungen in meinem Bekanntenkreis: das Wort "nachhalten" im Sinne von "merken, behalten" ist weder oberhalb noch unterhalb des Weißwurstäquators geläufiges Vokabular.
: Dafür hielt nicht nur ich es für einen Anglizismus. Das war aber nicht das einzige. Auch starke und schwache Verbflexionen sind für Gablé ein Stolperstein (ich habe immer auf "gepfeift" und "pfoff" gewartet). Ok, auch mein Deutsch ist polyglott eingefärbt. Aber warum haben die dann keinen Lektor rangelassen? Schließlich haben sie doch diesmal die Übersetzerkosten gespart? Oder etwa doch nicht?
: Irgendwann, zwischen Seite 500 und 600 kam mir dann ein böser, sehr böser Verdacht, den ich lieber nicht öffentlich äußern möchte.

Das ist unfair. Du mußt Deine Verdächtigungen schon äußern. Gablé ist schließlich nur eine Autorin, die mir gefällt, und nicht meine Schwester.
Was die Sprache betrifft, so ist mir da nichts aufgefallen. Ich setze auch keine so hohen Standards.

: Ich will Hirnfutter! Jawoll. Hirnfutter. Das andere ist mir zu langweilig. Langeweile kann ich immer haben. Überall. Ich liebe Bücher bei denen man aufpassen muß wie ein Luchs auf Pirsch, daß man zumindest mitkriegt, was die nächste Wendung auslöst. - (Was ist das für ein Geräusch? - Ah, gut. Katze schnarcht, ist nicht der Computer)

Siehst Du, Geschmackssache. Ich habe eben nichts gegen lineare Geschichten, wie Du das bezeichnest. Allzu vorhersehbar sollten sie nicht sein, aber für mich war Gablé das auch nicht.
Und solches Hirnfutter muß ich nicht unbedingt haben. Sicher, es hat seinen Reiz. Und Dunnett mag ich, sonst wäre ich ja nicht hier. Aber im allgemeinen ziehe ich Gablé-artiges vor.
Oder noch besser Berling ... Krimis bspw hasse ich im allgemeinen.
Worauf ich Wert lege, ist die Handlung. Wenn die interessant und mitreißend ist, verzeihe ich den Autoren vieles. Nicht, daß ich Gablé etwas zu verzeihen hätte.
(Nur den Pferdeflüsterer)

: Kannst du mich verstehen Gris?

Aber natürlich. Geschmackssache ist das Zauberwort. Ich schaue immer voller Fassungslosigkeit auf die "faden" Bücher, die meine Schwester wegen der Sprache liest, während sie sich verschämt meine "peinlichen" Bücher anschaut.
Beide sind wir begeisterte und glückliche Leserinnen. Jede nach ihrer Fasson.

Ich mag Dunnett wahnsinnig gern, vielleicht ist sie sogar meine Nummer 2. Aber sie ist für mich nicht das non-plus-ultra.
Ihre Sprache ist mir manchmal zuviel des guten. Und die Rätselspiele. Ich habe sie gelesen und gemocht, wegen der Handlung und der Personen.

Wie schon gesagt, ein Buch ist für mich gut, wenn es mir gefällt. Gablé hat mir gefallen, also ist sie gut.
Und, ich bin ungerecht. Bei Büchern, wo ich mich auszukennen glaube, bin ich viel strenger. Hätte Gablé über Friedrich II geschrieben,
hätte ich sie mit Argusaugen überwacht.

Ciaoseldis



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