PINTURICCHIO, Detail from:  The Annunciation , 1501, Fresco at Collegiata di Santa Maria Maggiore, Spello

"... the cabins of the monastery's own little infirmary, clung to a slope of the hill, with its well and its plot of tilled grounds, in which flowers and vegetables seemed to be growing together. There were juniper bushes, and some lavender and a sturdy vine arbour for shade, ..."

Dorothy Dunnett: Caprice and Rondo
Part II Cicassian Circle
Chapter 14


Die Weinraute


Heute will ich eine Pflanze vorstellen, die in keinem Garten des Mittelalters fehlen durfte:

Die Weinraute (ruta graevolens), auch Gertraudenkraut genannt



  
war bereits den griechischen und römischen Ärzten der Antike bekannt. Der Artname graveolens (lat. = stark duftend) weist auf den kräftigen Geruch der Pflanze hin. Dioskurides beschrieb die Weinraute im 1. Jahrhundert n. Chr. in dem Kräuterbuch "Materia medica", im Mittelalter gehörte sie zum Lehrmaterial der berühmten Schule von Salerno, und das Christentum fand in der Raute den Heilsgedanken symbolisiert.

Die Raute ist in Mitteleuropa seit der Römerzeit belegt. Im Capitulare de villis Karls des Grossen und im Kräutergarten des Wahlafrid Strabo wird sie als Ruta aufgeführt. Ab dem späten 15. Jahrhundert gehört sie in jeden Haus- und Kräutergärten. Die Weinraute wurde eine hochgeschätzte Heilpflanze Sie sollte bei Augenleiden, bei Ohrenschmerzen und bei Wurmbefall helfen. Sie stand außerdem in dem Ruf, ein wirksames Gegenmittel gegen Gift zu sein und war Hauptbestandteil des Vierräuberessigs, einem Kräuterauszug auf Essigbasis der als wirksames Mittel gegen die Pest galt.

Bekannt ist die Weinraute auch wegen ihrer abortiven Wirkung. In einigen Regionen Frankreichs trägt sie deshalb auch den Namen "herbe à la belle fille" - Kraut der schönen Mädchen.

Wegen der zahlreichen Eigenschaften, die der ruta graveolens zugeschrieben wurden, haben sich mit der Zeit Legenden und Aberglaube mit der Pflanze verbunden. Man sagte von der Weinraute sie schütze vor Vergiftung, gegen Geister und Teufel und vor dem Bösen Blick, sie verteibe Ungeziefer und Nagetiere und man nutzte sie als Aphrodisiakum und Liebesorakel.

Verwendung findet die Raute heute noch in der mediterranen Küche, wo ihre bittere Note Speisen bekömmlicher macht.
Manchmal wird sie in Italien auch Amarettokraut genannt: ein Blättchen in eine fertige Tasse Kaffee und ca. 3 min ziehen lassen und der Kaffee bekommt einen Geschmack nach Amaretto.
Wie andere bittere Pflanzen wird die Weinraute zum Aromatisieren von Schnäpsen verwendet, denen man damit verdauungsfördernde Wirkung verleiht. Bekannt ist der grappa con ruta mit einem kleinen Rautenzweig in der Flasche.


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