Schlichtleser und Andere


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Abgeschickt von Christine Elisabeth Haverkamp am 06 September, 2006 um 12:42:27

Hallo miteinander!

Eigentlich wollte ich nach den Ferien nur kurz gucken, was hier so los ist.
Na, herzlichen Glückwunsch, da habt Ihr ja ein Faß aufgemacht.
Oder besser, in ein Wespennest gestochen?
Ich habe die die einzelnen Beiträge nur überflogen, muß aber trotzdem etwas dazu schreiben (man möge es mir verzeihen).

Ich halte diese Art von Werbung für äußerst fragwürdig und darüberhinaus für kontraproduktiv. Es ist für mich eher ein Beispiel dafür, daß Lob von der falschen Seite einer Sache abträglicher sein kann als offene Kritik, oder andersherum, wer oder was solche Freunde hat... .

Das ist systematischer Etikettenschwindel als Marketinginstrument und andererseits bereitwillige Anbiederung an anspruchslose Lesegewohnheiten..

Im Zusammenhang mit dem Nutzen solcher Kampagnen kann ich mich daran erinnern, daß vor ca. 20 Jahren der gute Niccolo bereits weniger marktschreierisch und durchaus differenzierter in der Brigitte rezensiert wurde.
Mir scheinen Rezensionen in dermaßen zielgruppenspezifischen Medien nicht der Knüller zu sein.
Entweder war die Besprechung zu wenig reißerisch oder aber die Romane trafen einfach nicht den Nerv der Leserinnenschaft ?

Oder haben etwa die beanstandeten Rezensenten das geistige Potential/Interesse der LeserInnenmehrheit doch ganz richtig eingeschätzt ?

Besprechungen von Büchern oder Musik spiegeln immer die Vorlieben, die Position und die Voraussetzungen des Rezensenten, sowie die Berücksichtigung der jeweiligen Zielgruppe.
Damit muß man rechnen. Nur sollte man als Verlag solche Ausreißer nicht unbedingt oben auf die Liste setzen.
Wer weiß denn, ob nicht ein Redakteur der Zeitung mit den großen
Buchstaben das Buch auch gaaanz toll findet ?

Da sind wir dann bei Elite / Schlichtleser.
Ich halte diesen Gegensatz für polemisch und völlig untauglich.

Weder sind die Leseempfehlungen der ZEIT oder der FAZ etwas für versponnene Akademiker oder abgehobene Literaturfreaks, noch erfordern sie ein einschlägiges Studium.
Sie erfordern nur Interesse und den Willen sich darauf einzulassen oder sich kritisch damit auseinanderzusetzen. Und das halte ich für völlig normal. Eines haben sie jedoch den o.a. ,, Empfehlungen " voraus. Sie setzen den Leser nicht auf eine falsche Fährte.

Ich habe in Familie und Bekanntenkreis viele FAZ Leser, die sich nicht mit Dunnet anfreunden können oder wollen.. Meine eigenen Kinder, die alle u.a. Geschickte studieren oder studiert haben, kämen nie auf die Idee , Dunnett zu lesen. Weder auf Deutsch, noch auf englisch.
Das liegt einerseits am Inhalt und andererseits daran welche Erwartungen ich an das Buch habe.
Hier liegt der Haken.
So viele Ebenen,Birgit, gibt es nicht, auf denen man Dunnett lesen kann.
Mal eben zur Entspannung funktioniert nicht. Jedenfalls nicht beim ersten Mal und ein zweites gibt es dann meist nicht.
Als Liebesroman wird einem bei der Suche nach einschlägigen Szenen bald klar daß man reingefallen ist.
Als Historischer Unterhaltungsroman erfordert Dunnett überdurchschnittliches Interesse und Durchhaltevermögen.
Wenn ich also ständig zurückblättern muß, weil ich nicht zwischen den Zeilen gelesen habe, oder wenn mir die Geschichte zuwenig romantisch ist, wenn ich die Personen nicht verstehe, oder ihre Ausdrucksweise (ihre codes ;-),wenn ich das gesamte Personal nicht auseinanderhalten kann, wenn mir die Epoche nichts sagt, wenn ein bedauerlicher Mangel an sex and crime herrscht und wenn kein gnädiger Erzähler mich in die Köpfe der Helden hineinsehen läßt, dann habe ich an dem Buch keine Freude.
Da bleiben wenig Ebenen übrig.

Ob auf deutsch oder englisch liebes Binchen, die Bereitschaft sich packen und in die Geschichte hineinziehen zu lassen hat sicher auch mit intellektuellen Fähigkeiten zu tun aber vor allem mit irgendeiner speziell verknüpften Hirnwindung. Und die soll es geben sowohl bei Brigitte Leserinnen als auch bei den "klugen Köpfen" hinter der FAZ.

In diesem Sinne,

Celis





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